Karlsgespräch mit Götz Werner

Wenn an der Karlshochschule zum Karlsgespräch eingeladen wird, dann ist klar, dass ein spannendes Gespräch bevorsteht. Am Dienstag, den 25.10.2016,  war Götz Werner zu Gast – offensichtlich ein solcher Publikumsmagnet, dass der Playspace der Hochschule bis zum letzten Platz ausgelastet war. Dafür hat die Gäste ein um so spannenderer Vortrag mit Anekdoten, Gedanken und Diskursen erwartet, die der Gründer der dm-drogerie markt GmbH & Co. KG in seiner Rede aufwarf.

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Eine kurze Vorstellung – wer ist eigentlich Götz Werner?

Für diejenigen unter Ihnen, die Götz Werner noch nicht kennen, stellen wir ihn an dieser Stelle kurz vor: Geboren im Jahr 1944 in Heidelberg gründete Werner 1973 die dm-drogerie markt GmbH & Co. KG. Mittlerweile gibt es über 3.000 Filialen, 50.000 Mitarbeiter, und dm kann sich als größter Drogeriekonzern Europas bezeichnen. Götz Werner tritt offen dafür ein, Management offen und klar zu gestalten – sein Unternehmen ist von flachen Hierarchien geprägt, ein positives Arbeitsklima bei den Mitarbeitern hat einen hohen Stellenwert und auch die Entscheidungsvorgänge im Unternehmen sollen so transparent wie möglich getroffen werden. Außerdem ist Werner ein langjähriger Unterstützer des bedingungslosen Grundeinkommens: In einem Interview mit der F.A.Z. stellte er die These auf, dass 1000 Euro das monatliche Minimum wären, um menschenwürdig zu leben – und dementsprechend jeder Bürger vom Staat diese 1000 Euro im Monat finanziert bekommen sollte. All das war mehr als Grund genug, ihn für einen Vortrag mit dem Thema “Unternehmensführung und Wertbildungsrechnung bei dm” in die Karlshochschule einzuladen.

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Begriffsfetischismus und praxisrelevante Bilder

“Fichte hat einen Leitsatz geprägt, den Sie sich alle genau wie ich hinter die Ohren schreiben sollten: Genialität erfindet durch das Überschreiten von Übergängen. Die klare Einsicht in den zurückgelegten Weg kommt später und bildet erst den freien Künstler.” Fichte zu zitieren, das ist ein durchaus klassischer Einstieg in einen einstündigen Vortrag mit anschließender Diskussionsrunde, der die Grundsätze des Managements aus der Sicht Götz Werners erklären sollte. Und tatsächlich stimmt das Zitat mit vielen Prinzipien überein, die der dm-Gründer in seiner Rede durchblicken ließ. Es beschreibt Freiheit, Unternehmergeist, und ein immenses Interesse daran, immer weiter zu lernen. Der 72-jährige Werner strahlt diese Begeisterung, dieses Interesse, während seines gesamten Vortrags aus – und schafft es trotzdem, viele seiner Einstellungen und Ideen an das Publikum zu vermitteln.

Eine seiner Weisheiten, die Götz Werner schon anfangs und über seinen gesamten Vortrag hinweg mit seinen Zuhörern teilt, ist eine von ihm als Begriffsfetischismus bezeichnete Eigenart:

“Ein großes Unternehmen wird mit Begriffen geführt – Sie müssen eine richtige Begriffskultur aufbauen. Das bedeutet: Der Begriff definiert das Unternehmen, und das Unternehmen formt im Umkehrschluss den Begriff neu. Da darf man einen jungen Menschen nicht als “Auszubildenden” bezeichen.

 

In einer Gemeinschaft ist es wichtig, dass die Begriffskultur zutreffend ist. Allein der Begriff Personalkosten ist für mich absurd – die gibt es in der Realität nicht! Wir geben unseren Mitarbeitern Geld, damit sie es sich leisten können, bei uns zu arbeiten. Und das ist ein begrifflicher Unterschied, der die Arbeit in unserem Unternehmen verändert.”

Vom Roten Platz zu VW

Götz Werner brilliert an diesem Dienstag-Abend vor allem als Geschichtenerzähler – er verbindet Erfahrungen und Ereignisse mit Publikumsfragen und schafft so in den Köpfen der Zuhörer Bilder. Ob er von der Reise des jungen Piloten Mathias Rust, der 1987 auf 150 Metern Höhe und mit Sichtflug bis zum Roten Platz nach Moskau geflogen ist erzählt, oder mit einer Seemannsweisheit die Probleme erklärt, die bei VW durch den Abgasskandal entstanden sind; die Zuhörer sind gebannt und haben vor allem viel zu lachen.

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Abschließend kann man sagen: Götz Werner überzeugt mit seiner geballten Erfahrung, mit seinem Enthusiasmus viele Studierende und externe Gäste – auch im direkten Gespräch und auf Fragen zu Themen wie dem bedingungslosen Grundeinkommen. Und die Zuschauer, die den Playspace an diesem Abend bis an seine Belastungsgrenzen gefüllt haben, sind zufrieden und mit neuen Ansätzen und Ideen im Kopf nach Hause gegangen.

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