Das Thema einer drohenden Überfremdung ist vermutlich so alt wie die Menschheit selbst. Die Angst vor dem Fremden ließ sehr viele Individuen in sehr vielen Situationen erfolgreich überleben. Der Mensch bringt in diesem Zusammenhang allerdings auch noch eine andere Eigenschaft ins Spiel: Neugier, Mut und Entdeckergeist. Und gerade dieser Mut zur Entdeckung des Fremden wurde sehr häufig mit neuen Zugängen zu Lebensräumen, Märkten, Ressourcen und Wissen belohnt. Der Mensch handelt egoistisch und altruistisch zugleich. Er ist Eroberer, Zerstörer, Vermittler und Kreativer. Er konkurriert und kooperiert. Beide Haltungen sind offenbar ein dauerhafter Bestandteil der Evolution. Beide Haltungen sind auch noch heute in unserer Kultur, in unserer Gesellschaft und in ihren Diskursen tief und fest verankert und führen in ihrem geschaffenen Spannungsfeld einen dauerhaften kommunikativen Konflikt.
Die Angst vor dem Fremden ist zudem eine existentielle Thematik. Es geht dabei um die eigene Identität und die Angst davor, dass fremde Kulturen sich der eigenen Identität bemächtigen könnten. Angst vor einer XYZ-isierung der eigenen Wirklichkeit.
Angst vor einer möglichen Verseuchung durch fremde Werte, Gedanken und Praktiken. Es geht aber auch um wirtschaftliche Identität und damit zusammenhängende Existenzängste. “Die Anderen” nehmen uns alles weg: unser Geld, unsere Arbeitsplätze, unsere Frauen, unsere Privilegien, unser Recht oder unseren Wohnraum – so die jeweiligen angstbesetzten Argumente gegen das Fremde. All das geht immer auch von der Annahme aus, selbst noch nicht genug zu besitzen als das man es mit anderen einfach so teilen könnte – weder Wohnraum, noch finanzielle Mittel, noch Arbeitsplätze. Es geht außerdem von einem Bild des Anderen aus, der nur auf seinen eigenen Vorteil schaut und dem anderen immer nur alles wegnehmen will ohne etwas dafür im Gegenzug zu tun. Diese Ansicht sagt allerdings mehr über den Mensch mit so einer Ansicht aus als über die Wirklichkeit selbst. Sie zeigt welche grundsätzliche Haltung dieser Mensch zu anderen Menschen einnimmt. Diese existentielle Angst scheint so tief zu sitzen und entsprechend wirkmächtig zu sein, dass Menschen andere Menschen nicht nur aufgrund ihrer Armut ausgrenzen, sondern sogar Menschen ausgrenzen, die mit armen Menschen etwas teilen wollen. Aus ihrer Sicht handeln diese hilfsbereiten Menschen – oftmals diffamiert als Gutmenschen – nicht nur irrational und extrem naiv, sondern vor allem auch zum Schaden des eigenen Kollektivs, zu dem man sich zugehörig fühlt.
Was wir derzeit in den sozialen Netzwerken erleben ist ein emotionales und verbales Wettrüsten. Mit jeder neuen Meldung und Wortmeldung heizt sich die Stimmung, ein explosives Gemisch aus Angst und Wut, weiter auf. Die lautesten und radikalsten Meinungen scheinen dabei am ehesten gehört und wahrgenommen zu werden, sie werden durch klassische Medienberichterstattung und zahlreiche Verbreitung in sozialen Netzwerken in die öffentliche Wahrnehmung gespült und provozieren damit natürlich umgehend eine lautere und radikalere Gegenreaktion.
Ausgrenzung erzeugt Ausgrenzung. Gewalt erzeugt Gewalt. Und mit jedem Ausbruch von körperlicher Gewalt steigt der emotionale Erregungszustand, die Wut, die Angst und die Sehnsucht das Störende, Wütende, Hasserfüllte zu entfernen. Die Angst wird zudem befeuert durch jahrelange Katastrophenberichterstattung, die durch die Dynamik der soziale Medien noch stärker und intensiver stattfindet als zuvor. Eine Krise jagt die nächste. Eine Bedrohung folgt der anderen. Die Regierung schweigt oder gießt noch weiter Öl ins Angstfeuer. Erzählungen kursieren. Apokalyptische Erzählungen von einer unendlichen und nicht mehr zu handhabenden “Flüchtlingsflut” und “massenhaftem Asylmißbrauch” und damit wird unser ängstliches Kopfkino zur Hochleistung angetrieben. Auf der anderen Seite wütet die große Angst vor der sich wiederholenden Geschichte des hässlichen Deutschen, ein selbsternannter Herrenmensch, der gerne zündelt, Kriege vom Zaun bricht und offenbar einen Drang dazu hat die Welt in seinem Sinne zu beherrschen, Reichtum zu mehren und die Anderen dabei auszugrenzen, abzuzocken oder gar zu vernichten. Beide konkurrierende Ängste sind im Grunde genommen Klischeeängste. Sie beinhalten zwar einen authentischen Kern, werden aber beiderseitig solange völlig überhöht und wiederholt, so dass sie sich irgendwann drohen selbst zu erfüllen.
Vermischt wird jede Debatte um das Thema dann mit Unwahrheiten, falschen Zahlen, kruden Interpretationen oder ankedotischer Evidenz (einzelne persönlich erlebte Geschichten, die zugleich dann der Beweis sein sollen, dass die Wirklichkeit immer und überall so sei wie in dieser einzeln erlebten Geschichte). Je einfacher, kürzer und emotionaler die Aussage, desto höher die Wahrscheinlichkeit der Verbreitung. Es spielt auch gar keine Rolle mehr ob die Information sich als richtig bewährt hat oder längst wissenschaftlich falsifiziert wurde. Die Geschichte muss einfach nur gut genug erzählt worden sein, sie muss emotional treffen, sie muss zu Tränen rühren. Tränen aus Wut oder Tränen aus Rührung. Die Geschichte muss andocken können an das bereits vorhandene Wissens- und Wertegerüst. Kurzum die Geschichte muss teilbar oder “shareable” sein.
Der amerikanische Wissenschaftler Jonah Berger hat vor einigen Jahren jede Menge New York Times Artikel untersucht um festzustellen, welche Artikel sich besonders erfolgreich im Netz verbreiten. Einer von insgesamt sechs identifizierten Faktoren lautet: Emotion mit hohem Erregungsgrad – also Gefühle wie Wut oder Angst. Was uns wütend oder panisch macht, lässt unser limbisches System aufleuchten wie einen Weihnachtsmarkt. Von dieser limbischen Reaktion profitieren wiederum unsere ökonomisierte Medien. Je mehr Teilbarkeit ein Artikel oder Beitrag, desto größer die Aufmerksamkeit, desto größer die Reichweite und die damit verbundenen Werbeerlöse. Das uralte Gefühlszentrum unseres Gehirns, umgangsprachlich auch Reptiliengehirn genannt, reagiert auf diese Art von emotionalen Nachrichten nicht nur mit einer umgehenden Alarmbereitschaft, die uns auf Kampf- oder Flucht einstellt, die Aktivierung unserer beiden ältesten und wichtigsten Überlebensprogramme. Da wir soziale Wesen sind und sozusagen in Herden leben, wollen wir unseren Stamm, unsere Familie, unsere Freunde – kurzum unser soziales Netzwerk – natürlich unmittelbar vor der wahrgenommen Gefahr warnen. Wir teilen sie. Menschen, die diese Gefahr hingegen nicht sehen (wollen), werden umgehend ausgegrenzt, denn sie verstärken aus Sicht der Alarmierten ja indirekt die Gefahr für die eigene Herde. Sie machen sich sogar mitschuldig.
Kommunikation wird durch das Internet insgesamt sichtbarer. Kommunikation wirkt damit näher. Kommunikation nimmt mit der Anzahl der Kanäle, der Akteure und der Kommunikationsperipherie (Smartphones etc.) insgesamt zu. Kommuniziert wurde schon immer, aber elektronisch vernetzte Kommunikation in der Öffentlichkeit ist etwas ganz neues. Diese sozialen Netzwerke (unabhängig von der jeweiligen technologischen Plattform) katalysieren unsere Kommunikation, die wiederum surchsetzt ist mit Ängsten, Wut, Hoffnungen und Liebe. Soziale Vernetzung erzeugt eine Art globalen Organismus und dieser dient zugleich als ein idealer Nährboden für Gefühlsansteckung, wie eine Studie rund um Facebook bereits andeuten ließ. Kulturen, Stämme, Gruppen – kurzum soziale Mikro-Netzwerke prallen auf engstem Raum aufeinander und erzeugen somit jede Menge Konflikte.
Das Internet vermittelte uns bisher immer den Eindruck als habe jeder Menschen auch jede Menge Platz um sich digital in seiner Haltung und Persönlichkeit zu entfalten. Theoretisch ist das so, aber dabei wurde lange Zeit die Dynamik von Netzwerken oder Systemen, die unterschiedliche Rollen und Beziehungen von Menschen beinhalten, völlig ausgeblendet. Marshall McLuhan prägte den Begriff des globalen Dorfes und dieser Begriff scheint stimmiger denn je, denn die Welt wird derzeit auf die Größe eines Dorfes zusammengepresst. Der Raum wirkt plötzlich sehr sehr eng für eine solch große Anzahl von Menschen die sich darin tummeln. Jeder Mensch ist dabei ein wenig anders, jeder Mensch hat aufgrund seiner jeweilig anderen Sozialisation einen anderen Charakter, andere Freundeskreise, andere Zugehörigkeit, andere Lebenseinstellungen.
Hinzu kommt, dass das Internet noch viel zu neu ist um eine breite und tiefe Medienerfahrung und -kompetenz vorzufinden. Sehr viele Menschen unterschätzen immer noch die Gewalt und Wirkmächtigkeit der eigenen Worte in digitalen sozialen Netzwerken. Was unter Freunden, Kollegen, in der Familie oder in der spärlich besuchten Dorf- oder Kiezkneipe unter sich blieb, zieht nun plötzlich sehr viel weitere ungeahnte Kreise und stößt auf massiven öffentlichen Widerstand. Viele Menschen sind sich dieser Tatsache noch gar nicht bewusst. Sie begreifen immer noch nicht, dass sie mittlerweile selbst zu öffentlichkeitswirksamen Publizisten, Gatekeepern und damit Ich-Medien geworden sind – und zwar mit jedem Kommentar, Like, Share, Tweet und Retweet. Wenn ein 17-jähriger im Kreis seiner Clique einen menschenverachtenden Spruch äußert, so blieb diese Aussage in der Regel unter sich. Von der breiten Öffentlichkeit unsichtbar und innerhalb des örtlichen, sozialen Gefüges. Platziert auf Facebook sorgt die gleiche Aussage mit scheinbar ähnlichem Freundeskreis zu entsprechend anderen Konsequenzen: Die Aussage ist öffentlich, meist dekontextualisiert und ohne jedwede unmittelbare Beziehung. Verlust des Arbeitsplatzes, Morddrohungen und vor allem eine breite öffentliche Ächtung können mitunter die Folge sein. Ist diese Reaktion richtig oder verhältnismäßig? Keine Ahnung, sie scheint mir auf alle Fälle nachvollziehbar. Eine ethische Debatte über die Hyperzivilisierung im Netz gilt es daher permanent zu führen.
Noch etwas scheint ebenfalls zuzunehmen: Der Drang “den Anderen” (und davon gibt es nun auf Facebook jede Menge) über das eigene Weltbild nicht nur zu informieren, sondern ihn davon überzeugen zu wollen scheint mit der Anzahl der Akteure signifikant anzusteigen. Zudem ist das eigene Facebook-Profil gleichermaßen Anlaufstelle für Freunde, Kollegen, Familie, Kunden, Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Öffentlichkeit, Parteifreunde, Gemeindemitglieder, Nachbarn aber eben auch die gesamte restliche Öffentlichkeit (sofern man die Einstellungen bei Facebook so gesetzt hat). Das was sonst räumlich strikt trennbar war, vereinigt sich hier zu einem digitalen Identitätsklumpen, der jede Menge Identitätskonflikte hervorruft. Identität muss offenbar gerade auch virtuell (und gerade dort, wo so viele öffentlichkeitswirksam aufeinander treffen) ausgefochten werden. Das Netz liefert dazu Nähe und Distanz zugleich. Es ist nah genug um den Gegenüber zur Weißglut zu treiben und distanziert genug um nicht umgehend eine dafür gelangt zu bekommen oder um eine Konfrontation per Mausklick zu entgehen. Viele Faktoren, die der Psychologe John Suler unter dem Online-Enthemmungseffekt zusammengefasst hat, scheinen mit dafür zu sorgen, dass derartige Hassdynamiken entstehen.
Identität ist nicht nur die Antwort auf die Frage “Wer bin ich?” sondern eben stets auch die Antwort auf die Frage “Wer bin ich ganz sicher nicht?”. Soziale Ausgrenzung ist ein wichtiges Werkzeug zur Identitätsbildung. Ob “Ausländer raus” oder “Nazis raus”, beides dient im Kern der gleichen Zielsetzung: Mitteilung über die eigene Identität durch Ausgrenzung anderer entgegen gerichteter Identitäten. Soziologisch interessant ist dabei die Rolle des Körpers. Es werden nämlich nicht einzelne Ideen, Argumente und Aussagen von Menschen ausgegrenzt, sondern sehr oft die sich artikulierende Person, also der kommunizierende Körper, die Identität selbst. Dieser enorme Druck führt zwangsläufig natürlich wieder zu neuer Angst vor Identitäts- und Zugehörigkeitsverlust und befeuert die Suche nach neuer Zugehörigkeit und Anerkennung. Unerwünschte und ausgegrenzte Personen können und müssen sich zwangsläufig zu neuen Gruppen zusammenfügen. Je höher die Verbannung, desto größer das daraus entstehende Bandenpotenzial, so wie dieser Artikel über die Verbannungspraktiken des russischen Zarenreichs sehr anschaulich beschreibt und wie uns die Entstehung zahlreicher Subkulturen immer wieder vor Augen führte.
Die Reaktion der Ausgrenzung als zivilisatorisches Instrument ist einfach nachvollziehbar. Mit Ausgrenzung reguliert und ordnet sich eine Gesellschaft. Sie bildet klare Lager und versucht Ordnung in den Diskurs, das allgemeine Meinungschaos, zu bringen. Das Mittel der Ausgrenzung zwingt einen förmlich dazu sich für eine der beiden Seiten klar zu entscheiden und diese Haltung auch öffentlich zu zeigen. Die neuen Mitmach-Medien vereinfachen diese Eskalation. Früher musste man noch irgendwelche körperlich sichtbaren Marker oder Armbinden tragen, heute reicht es schon aus wenn man das Profilbild per Knopfdruck in Regenbogenfarben erscheinen lässt, welcher Seite man ein Like schenkt hat oder was man auf welche Art auf seinem Profil postet. Geistige Haltung wird somit wesentlich schneller sichtbar und bietet entsprechend schneller eine Angriffsfläche für Konflikte. Mit jeder Zurschaustellung der eigenen Identität steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass man für die zur Schau gestellten Identität angefeindet wird, weil der Andere diese Visualisierung bereits als Bedrohung der eigenen Identität interpretiert.
Durch diese permanente gegenseitige Ausgrenzung, die permanenten Identitätskonflikte, entsteht mitunter ein Klima, in dem eine vernünftige verbale und sachliche Auseinandersetzung gar nicht mehr möglich ist. Seit Paul Watzlawicks zweites Kommunikationsaxiom ist uns bewusst, dass Kommunikation immer auf der Beziehungsebene und auf der Sachebene stattfindet. Ist die Beziehungseben jedoch nicht stabil oder gar gestört, wird auch keine gelungene Kommunikation auf der Sachebene stattfinden können. Wie auch? Ohne eine stabile Beziehung, kein Vertrauen. Ohne Vertrauen kein echtes Zuhören. Daher ist es im Grunde völlige Zeitverschwendung Sachdebatten mit Menschen führen zu wollen, zu denen man im Grunde genommen gar keine Beziehung hat außer vielleicht den Follower- oder Freundschaftsstatus bei Facebook oder anderen sozialen Netzwerken.
Das Netz ist sicherlich dadurch auch ein Ort der unzivilisierten Auseinandersetzung. Aber nur weil es eine “Koalition der Schreihälse” gibt, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass eine sachliche und differenzierte Debatte im Netz überhaupt nicht möglich sei. Sicher, Schreihälse dominieren und überstrahlen eine Debatte ganz gerne. Sie erzeugen durch ihre massive provozierende Haltung und ihren gewaltvollen verbalen Stil oftmals die maximale Aufmerksamkeit der Medien (die profitieren wiederum ökonomisch von Emotionsmeldungen) und eine massive empörende Gegenwehr der Rezipienten. Doch nicht alle Menschen auf diesem Planeten sind Schreihälse. Die Stillen und Bedächtigen hört man durch das Geschrei einfach wesentlich schlechter und einige haben sogar Bedenken sich in der aufgeheizten Debatte überhaupt noch zu äußern. Das Laute dreht das Stille noch viel stille. Eine Schweigespirale könnte die Folge sein – vor allem wenn die Ausgrenzungssignale auf beiden Seiten besonders laut sind.
Wo liegt nun also eine Lösung? Es gibt leider keine Patentrezepte. Es gibt nur Ideen und Dinge, die man ausprobieren kann und muss. Es gibt die Möglichkeit stets an sich selbst zu arbeiten. Direkt am anderen zu arbeiten ist oftmals Zeitverschwendung. Und es gibt vor allem immer noch eine zivilisierende Institution genannt Rechtsstaat, der eigentlich im Sinne einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung, eines geschlossenen Vertrages agiert und Menschenrechte dabei eigentlich als besonders gewichtig einstuft. Diese Institution könnte klar und deutlich Stellung beziehen. Vor allem dann wenn unabhängig von der Thematik Gewalt an Menschen angedroht und verübt wird. Das Ausbleiben einer glasklare Aussage bezüglich bestimmter Themen wie zum Beispiel der Frage nach Umgang mit Flüchtlingen erzeugt ein Macht-Vakuum das förmlich mit Konflikten gefüllt werden will. Noch fataler ist eine praktizierte “Double-Bind-Kommunikation” nach dem Motto “Wasch mir den Pelz aber mach mich nicht nass”. Mit dieser Art der Kommunikation hält man die Empfänger künstlich in Unruhe und in Panik. Man erzeugt eine spaltende, schizophrene Haltung.
Welche Prioritäten sieht die Regierung eines der reichsten Länder der Erde? Die des Seins oder die des Habens? Wohlstand und Wachstum nur für die eigenen Grenzgebiete oder entsteht aus global erzielten Profit auch so etwas wie eine globale Verantwortung? Viele Menschen in unserem Land und anderen Ländern übernehmen bereits unabhängig von den Regierungsstrukturen eine solche Verantwortung und stellen sich positiv der Herausforderung. Wenn man nun genau diese Menschen bestärkt und andere damit infiziert wird man die Herausforderung der nächsten Jahre problemlos meistern. Wenn man sich eher auf die Schwierigkeiten und Sorgen konzentriert droht man in einer Problem-Trance zu versinken. “Alles ist so schlimm, alles ist so schrecklich, alles ist unlösbar”. Diese Haltung führt schon eher zur Erfüllung der eigenen Prophezeiung, nämlich dass alles schrecklich, unlösbar und schlimm ist. Angstbotschaften treiben Menschen so oftmals in eine Problem-/Wut-Trance.
Entscheiden wir uns hingegen dafür die Probleme mit unserer vorhandenen gigantischen Wirtschaftskraft, unserem Einfluss in der Welt und unseren Ideen und unserer Leistung zu meistern – so wie wir es schon öfters in der Vergangenheit bewiesen haben – so investieren wir womöglich zugleich langfristig in unsere eigene Zukunft. Helfen wir heute Menschen aus Krisengebieten schaffen wir morgen vielleicht neue engagierte Mitbürger, Verbündete oder Handelspartner und damit auch neue Märkte. Letzteres ist jedoch nur ein gewichtiges Argument für Menschen, die ausschließlich an langfristige ökonomische Perspektiven interessiert sind.
Und wie gehen wir mit dem Hass im Netz um?
Dreht die Stillen und Vernünftigen lauter. Kommuniziert bewusster. Kommuniziert achtsamer. Kommuniziert gewaltärmer. Hört zu und versteht ohne dabei dem anderen automatisch zuzustimmen. Trennt Aussagen von Personen. Grenzt Ideen und nicht Menschen aus. Fördert Medienkompetenz und Bildung. Bleibt im Gespräch. Verlasst das Gespräch wenn es zu nichts führt außer persönlicher Beleidigung. Überzeugt nicht die längst Überzeugten, sondern die neugierigen Unentschlossenen. Erinnert euch stets daran, dass auf der anderen Seite des Rechners ein Mensch sitzt. Achtet auf eure Emotionen. Lest den ganzen Artikel und nicht nur die Headline. Atmet tief durch und zählt bis 10. Schreibt nicht wenn ihr besonders wütend seid und schmiedet das Eisen solange es kalt ist. Schaut euch immer verschiedene Perspektiven an. Schaut euch die Lage vor Ort an oder sprecht mit Menschen, die vor Ort sind. Meldet Gewaltaufrufe und ausgeführte Gewalt an das Gewaltmonopol. Stellt euch schützend vor Unterdrückte und Verfolgte. Zeigt Wertschätzung. Seid mutig. Ermutigt. Moderiert und deeskaliert. Oder wie es der prominenteste Vertreter des passiven Widerstandes, Mahatma Gandhi, mal so treffend formuliert hat: “Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.”
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