Don’t drink and write. Sonst bröckelt deine virtuelle Existenz – Kontrollverlust ist Gift für die Selbstvermarktung. Denn: Wir nutzen das Netz, und das Netz nutzt uns.
In einer Welt voller Selfies, Tweets und Kommentare wirbelten die Darsteller des Stücks “vermarktet” am 22. und 26. Mai durch den sinnbildlich verglasten Raum der Karlshochschule. Im Zentrum die Perversion der fortwährenden Vermarktung der Marke ICH. Was ist wirklich? Was ist möglich? Und wie bewegen wir uns zwischen diesen Dimensionen? Und was macht das Leben eigentlich wertvoll?
Theaterspielen zum Beispiel. “Das ist wie Urlaub vom Unterricht, absolut positiver Stress”, findet Darstellerin Louisa Hügel. Gemeinsam mit Caroline-Sophie Pilling, Silvan Gottschall, Constantin Hornberger und Thomas Pfanner schlüpfte sie für “vermarktet” in eine andere Rolle und riskierte einen kritischen Blick auf die Selbstdarstellung im Internet. Ist Marketing ein Grundprinzip, nach dem alles funktioniert?
Die Texte zum frei gewählten Thema klaubten die Studierenden der Theatergruppe selbst zusammen. Abrisse aus Spiegel, NEON, einem Marketing-Buch sowie selbst geschriebene Passagen fanden so Eingang ins Stück – dialogisiert von Regisseur Hendrik Dörr. Der selbständige Kulturmanager brachte bereits 2013 das erste Stück an der Karls auf die Bühne und sorgte auch in diesem Jahr wieder für praktische Kultur an der Hochschule.
“Theater spielen fördert auch die Persönlichkeitsentwicklung”, erklärt er. Die Erfahrung sei eine gute Grundlage für öffentliche Auftritte oder Präsentationen. “Es hilft später mal im Job”, hofft auch Constantin Hornberger. Genau wie die anderen Darsteller studiert er Kunst- und Kulturmanagement an der Karlshochschule im zweiten Semester. Einzig Caroline-Sophie Pilling ist schon zum zweiten Mal dabei und hat bereits vier Semester auf dem Buckel. Für sie dürfen eigene Projekte neben dem Studium auf keinen Fall zu kurz kommen. “Das Theaterstück wollte ich unbedingt durchziehen, auch wenn es so viel anderes zu tun gibt”, erzählt sie. Und deshalb habe es einfach in den letzten Wochen Priorität bekommen.
Das Durchhalten hat sich jedenfalls gelohnt: Begeisterung im Publikum, Stolz und Erleichterung bei den Schauspielern. Und die Erkenntnis: Durch ausufernde Selbstdarstellung verliert das Individuum sein Geheimnis. Jetzt aber erstmal ein Selfie – so viel Zeit muss sein.
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