Auch in diesem Semester haben wir im Modul STRA (Grundlagen des strategischen Managements) wieder die Ehre und das Vergnügen hochinteressante Gastreferenten zu begrüßen. Den Anfang in diesem Semester machte Thomas Schlereth Geschäftsführer der Münchner Can Do GmbH, einem Softwareunternehmen, das sich auf kollaborative Projektmanagementlösungen spezialisiert hat. Die Oberfläche der Software wurde in Anlehnung an Spielesoftware (wie Siedler oder 1806) entwickelt und kennt unter anderem keine Fehlermeldungen mehr. Deshalb kann sie nicht nur, wie manch anderes Projektmanagementwerkzeug, von Projektmanagementexperten, sondern im Prinzip von jedem Mitarbeiter in einem Projekt bedient werden. Das macht die Software auch für Projekte außerhalb der IT, z. B. für Organisations- und Marketingprojekte, attraktiv.
Im Rahmen des konzeptionellen Ansatzes, der von Frank Widmayer und mir gelehrt wird, lernen unsere Studierenden im STRA-Modul, dass aus den Strategien Realisierungsprojekte abgeleitet werden, die in Form eines Projektportfolios zusammengefasst und abhängig voneinander gesteuert werden. Völlig faszinierend ist für mich deshalb das Portfoliomanagementsystem der Software, dass das Projektportfolio in Echtzeit nach Nutzen und Risiken neu kalkuliert. Sprich, verschiebt irgendein Projektmanager irgendwo auf der Welt Arbeitspakte und Meilensteine in seinem Projekt, so wird das Projektportfolio in Echtzeit neu berechnet.
Vom Portfolio bewegte sich die Diskussion dann schnell in die Richtung “Zukunft der Arbeit”. Es steht außer Zweifel, nachdem die IT die Produktion schon dramatisch verändert hat (man denke an Just-in-Time oder an Bilder von menschenleeren Roboterstraßen bei VW), dass wir jetzt an den Punkt kommen, wo intelligente Systeme den Arbeitsalltag der Kopfarbeiter ein weiters Mal radikal verändern werden. Für Schlereth heißt das vor allem Hilfen zur Komplexitätsbewältigung, Flexibilisierung des Ressourceneinsatzes und Simulation komplexer Zusammenhänge (wie eben das Projektportfolio großer Organisationen).
Im Nachtrag zur Veranstaltung hatte ich die Gelegenheit, Thomas Schlereth, mit dem ich seit mehr als 10 Jahren mal mehr und mal weniger intensiv in verschiedenen Projekten zusammengearbeitet habe, einige Fragen zu stellen.
Wie wird sich Wirtschaft aus Deiner Sicht verändern?
Thomas Schlereth: Die Bedeutung des optimalen Einsatzes von hoch qualifizierten Fachkräften in der Wirtschaft wird deutlich zunehmen. Dies ist notwendig, um Hoch-Preis-Produkte zu schaffen, die wir auf dem Weltmarkt verkaufen können. Der Fachkräftemangel und die demographischen Entwicklungen erfordern hier ein Umdenken der heutigen Managementklasse. Dies betrifft nicht nur die Planung solcher Ressourcen, sondern auch das Schaffen einer guten Work-Life-Balance beispielsweis durch den konsequenten Einsatz von Telearbeit, familienbedingter Teilzeit etc.
Wie trägt Projektmanagement dazu bei, Unternehmensstrategien umzusetzen?
Thomas Schlereth: Die Wertschöpfung durch Projekte nimmt bei vielen Unternehmen erheblich zu. Die Deutsche Bank hat in einer Studie geschätzt, dass der Anteil der Projektwirtschaft an der Wertschöpfung von 2 Prozent im Jahr 2007 auf 15 Prozent im Jahr 2020 zunehmen wird. Dies ist schon heute klar erkennbar: Es werden immer mehr komplette Lösungen anstelle einfacher Produkte angeboten. Gerade interne Projekte – zum Beispiel im IT-Umfeld – werden bedeutsamer. Keine Bank oder Versicherung wird es sich dauerhaft leisten können, dass sich ihre IT-Projekte verzögern oder wesentlich teurer werden. Das Top-Management muss sich darauf einstellen und entsprechend noch vieles lernen. Spätestens mit der nächsten Management-Generation wird projektorientiertes Denken in die Führungsetagen einziehen.
Was sind für Dich die wichtigsten Änderungen in der Arbeitswelt, die auf uns zukommen?
Thomas Schlereth: Arbeit suchen statt Arbeit bekommen! Damit meine ich nicht die Job-Suche als vielmehr die Selbstorganisation und eigenständiges Denken im Job. Zu viele Mitarbeiter sind es gewohnt, dass ihnen ihr Vorgesetzter sagt, was sie tun sollen. Jedoch werden die persönliche Einsatzplanung und die Selbstverantwortung im komplexen Arbeitsumfeld immer wichtiger. Jeder Mitarbeiter eines Unternehmens braucht Führungsqualitäten, und wenn es nur die Führung seiner eigenen Person betrifft.
Wo siehst Du die Zukunft des mittleren Managements?
Thomas Schlereth: Das ist schwer vorherzusehen. Es gibt einerseits Argumente, weshalb diese Hierarchieebene ganz verschwinden könnte und durch kleine Teams, die sich selbst organisieren (agile Methoden), ersetzt wird. Auf der anderen Seite müssen auch kleine Team straff und effizient organisiert werden, was entweder eine Art mittleres Management leisten könnte oder über den Einsatz einer Planungssoftware geleistet wird. Ich gehe eher davon aus, dass langfristig das mittlere Management zu Gunsten von Projektmanagern verschwinden wird.
Welche Empfehlungen würdest Du Studierenden heute geben, sich zu qualifizieren?
Thomas Schlereth: Meiner Meinung nach, sind zwei Dinge für das Studium wesentlich: Bereits zu Beginn des Berufslebens muss ein Mitarbeiter den Einsatz moderner IT beherrschen. Hier meine ich nicht irgendwelche Office-Anwendungen, sondern moderne Managementsysteme, Google-Suche, Videokonferenzen etc. Zum anderen benötigt ein Mitarbeiter Skills, die eigentlich vom Management erwartet werden: Entscheidungskraft, Organisationsvermögen und soziale Fähigkeiten. In diesen Bereichen muss eine Qualifikation neben dem fachlichen Spezialthema erfolgen.
Welche Fähigkeiten und Talente werden in den nächsten Jahren gefragt sein?
Thomas Schlereth: In einer sich zunehmend virtualisierenden Welt ist es der Umgang mit Computersystemen. In einer teamorientierten Organisation sind es soziale und kommunikative Fähigkeiten sowie Entscheidungskraft, Mut und Organisationstalent.
Weiterführende Literatur:
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