Fürbaß

Kennst Du das? Dir fällt ein Wort ein, dass Du bestimmt schon öfters gehört hast; das Wort ist Dir vertraut – aber die Bedeutung ist unklar.

Nun hat ja jeder Mensch so seine Marotten und eine meiner Marotten ist das Suchen und Sammeln solcher Wörter. Ich freue mich wie ein Kleinkind, wenn mir ein solches Wort unterkommt.

Gestern nun bin ich mal wieder über das schöne Wort “fürbaß” gestolpert (das ich hier absichtlich in der alten Rechtschreibung verwende: es ist schließlich auch ein altes Wort).

Nach einigem Nachdenken konnte ich immerhin rekonstruieren, wann ich das Wort vermutlich zum erstenmal gehört habe: in meiner Zeit in der Jugendbewegung in dem nach wie vor aktuellen “Bürgerlied” in der Version von Hannes Wader:

“Ob wir rote, gelbe Kragen,
Helme oder Hüte tragen,
Stiefel tragen oder Schuh',
||: oder ob wir Röcke nähen
und zu Schuhen Drähte drehen,
das tut, das tut nichts dazu :||

Ob wir können präsidieren [:-)]
oder müssen Akten schmieren,
ohne Rast und ohne Ruh',
||: ob wir just Collegia lesen
oder aber binden Besen,
das tut, das tut nichts dazu. :||

Ob wir stolz zu Rosse reiten,
oder ob zu Fuß wir schreiten
fürbaß unser'm Ziele zu,
||: ob uns Kreuze vorne schmücken
oder Kreuze hinten drücken,
das tut, das tut nichts dazu :||

Aber ob wir Neues bauen
oder Altes nur verdauen,
wie das Gras verdaut die Kuh,
||: ob wir in der Welt was schaffen
oder nur die Welt begaffen,
das tut, das tut was dazu :||

Ob im Kopfe etwas Grütze
und im Herzen Licht und Hitze,
dass es brennt in einem Nu,
||: oder ob wir hinter Mauern
stets im Dunklen träge kauern,
das tut, das tut was dazu :||

Ob wir rüstig und geschäftig,
wo es gilt zu wirken kräftig,
immer tapfer greifen zu,
||: oder ob wir schläfrig denken:
„Gott wird's wohl im Schlafe schenken.“

Das tut, das tut was dazu :||

Drum ihr Bürger, drum ihr Brüder,
alle eines Bundes Glieder,
was auch jeder von uns tuh' :
||: Alle, die dies Lied gesungen,
so die Alten wie die Jungen,
tun wir, tun wir was dazu ! :||”

Aber auch das half nicht, die mir dunkle Bedeutung von “fürbaß” aufzuhellen und so musste das Internet weiterhelfen.

Und worauf stoße ich: auf ein Lexikon der bedrohten Wörter, einen Wettbewerb, eine ganze Community Gleichgesinnter (nein, es gibt offensichtlich nichts, zu dem man nicht auch eine Community gründen könnte: neulich bin ich sogar einem Weber-Grill-Nerd begegnet, der begeistert von seiner “Gemeinde” berichtet hat) und vor allem auf einen herrlichen Blog: wortfeiler. Die Autorin, wortfeilchen (barbara piontek) aus Bochum (noch) bezeichnet sich selbst als rotblondes Shetlandpony, Werbetexterin Web und Print, Teetrinkerin, mondsüchtige Nachteule, latent zu frech, stets neugierig, zu viel Humor, begeisterungsfähig, immer auf dem semi-akademischen Kreuzzug der Worte & Wörter, Schutzheilige und Patronin der Grafiker, Designer und Worte und Frau Textfeinschliff von Satzperle.

Ihr Blog hat mich so begeistert, dass ich ihn von jetzt an regelmäßig lesen werde. Und außerdem hat sie den Beitrag schon geschrieben, den ich im Sinn hatte:

verlorene Worte: fürbass

Damals, als die Gummistiefel noch aus Holz waren, gab es so wunderbare Worte wie fürbass. Vor der neuen Rechtschreibung schrieb es sich zwar fürbaß, aber den schönen Klang hat das gar nicht beeindruckt.

Fürbass bedeutet schlicht weiter oder vorwärts und stammt von dem althochdeutschen Wort furbaz sowie dem mittelhochdeutschen vürbaz. Leider benutzen wir es selten oder kennen es nicht einmal, daher bitte ich um die Rettung von fürbass.”

Dem kann ich mich nur anschließen und grüße Euch Alle zum Neuen Jahr mit einem herzlichen “fürbaß”!

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