Esther Werling,ITM, 4 Monate beim Evangelischen Entwicklungsdienst in Bonn
Seit Februar bin ich im Praktikum beim Evangelischen Entwicklungsdienst e.V. (EED) in Bonn, dem Entwicklungswerk der evangelischen Landeskirchen in Deutschland. Da ich bisher nicht dazu gekommen bin, einen Beitrag für den Blog zu schreiben, ist dieser jetzt ein wenig länger geworden… aber vielleicht ist das ja für den ein oder anderen interessant, was ich hier so mache.
Ich bin beim EED im Referat „Lobby und Advocacy“ untergekommen – bei der Arbeitsstelle Tourism Watch. Die hat sich der Förderung eines nachhaltigen, sozial verantwortlichen und umweltverträglichen Tourismus verschrieben. Tourism Watch sensibilisiert Touristen für verantwortungsvolles und begegnungsorientiertes Reisen und tritt in Dialog mit Tourismusindustrie, Politik und Medien, um die Rahmenbedingungen für die von touristischer Entwicklung und Aktivität betroffenen Menschen in Entwicklungsländern zu verbessern. Oder wie meine Betreuerin in einem Beratungsgespräch mit einem Messebesucher, der Tourism Watch für einen Reiseveranstalter hielt, am vergangenen Wochenende auf der Fair Handeln etwas verkürzt dargestellt hat: „Nö, wir fahren nicht nach Südafrika, wir machen Tourismuskritik!“
Vierteljährlich gibt die Arbeitsstelle den Tourism Watch Informationsdienst heraus, der Berichte und Hintergründe über Tourismus in Entwicklungsländern liefert und auf Veranstaltungen und Literatur zum Thema hinweist. Im Rahmen meines Praktikums bin ich mit Korrekturlesen, Datenbankpflege und eigenen kleinen Beiträgen unter Anderem in die Arbeit am Informationsdienst eingebunden. Für die zweisprachige (übrigens für angehende Tourismusmanager recht interessante) Homepage erstelle ich außerdem Online-Dossiers zu diversen aktuellen tourismusbezogenen Themen.
Der Schwerpunkt meines Praktikums ist allerdings ein anderer: Hauptsächlich bin ich für die Messeauftritte auf der ITB Berlin und auf der Fair Handeln in Stuttgart zuständig. Nachdem ich es in den vergangenen zwei Jahren leider nie als Besucher zur weltgrößten internationalen Tourismusmesse geschafft hatte, habe ich die ITB im März zum Ersten Mal als Aussteller besucht – auch nett! Tourism Watch hat sich mit zwei Veranstaltungen am Kongressprogramm beteiligt und ich war neben der Arbeit am Stand auch im Vorfeld in die logistische Planung und inhaltliche Aufbereitung der vorgestellten Themen beteiligt. So habe ich Hintergrundinformationen recherchiert, „Handwerkszeug“ für Referenten zusammengestellt und diverse Flyer, Plakate und Powerpointpräsentationen erstellt. Bei der Fair Handeln, die vergangene Woche in Stuttgart stattfand, habe ich einen Schülerworkshop zum Thema „Fairer Handel im Tourismus“ konzipiert und mitgestaltet. Auf beiden Messen habe ich außerdem interessante Menschen kennengelernt – ich fühle mich sogar geneigt zu sagen, ich habe „nützliche Kontakte geknüpft“… und bin zuversichtlich, dass sich in Zukunft das ein oder andere „Fenster“ auftun wird und ich die Baustelle vorm Fenster beseitigen werde…
Nebenbei bin ich noch damit beauftragt, eine eigene Studie zu Tourismus in Konlifktgebieten zu erstellen… was mir die Möglichkeit gibt, mich mit Tourismus auf einer Ebene auseinanderzusetzen, die in meinem Studium meiner Ansicht nach zu wenig Beachtung gefunden hat. So habe ich Gelegenheit, tiefer in Themen einzusteigen und Zusammenhänge zu begreifen – gleichzeitig bin ich aber auch in die Presse- und Messearbeit einbezogen und bin ganz glücklich damit, eine gesunde Mischung aus Denk- und „Handarbeit“ zu haben… Ich bin mir mittlerweile sicher, dass die Entscheidung zum Praktikum bei Tourism Watch (und gegen die DZT und SEZ) die richtige war und meine berufliche „Reise“ in die richtige Richtung lenkt.
Um mich nachher nicht erhärteter Nachfragen erwehren zu müssen: Die Morgenandacht am Mittwoch ist für Beschäftigte des EED nicht verpflichtend (das Einzige, wovor ich wirklich Schiss hatte), die 14-tägig statttfindenen Referatssitzungen schon und ich bin verblüfft, wie vorbildhaft der EED das Konzept der „lernenden Organisation“ und „Change Management“ umsetzt… wahrscheinlich auch deshalb, weil 2012 die Fusion mit Brot für die Welt und damit ein Umzug nach Berlin bevorsteht. Schon interessant mitzuerleben, wie sich ein Changeprozess tatsächlich gestaltet und bisweilen recht amüsant, wenn Worte wie „Sozialplan“ durch die Flure huschen und „Neuralgische Punkte des Neuen Werks mit dem Vorstand“ die Tagesordnung schmücken…
Und um jetzt noch den Bogen zu den anderen Beiträgen mit den nützlichen Tipps für’s Praktikum zu spannen: Möglichkeiten und Gelegenheiten nutzen! Im April habe ich bereits am TransFair-Klausurtag teilnehmen dürfen und damit interessante Einblicke und Hintergründe zu Fairtrade und der Arbeit der Organisation erhalten. Glücklicherweise habe ich eine wahnsinnig engagierte Betreuerin und coole Kollegen erwischt, die einem gerne noch das ein oder andere „Fensterchen“ öffnen. Ende Mai werde ich auf ihr Betreiben hin zum Attac-Kongress „Jenseits des Wachstums?! Ökologische Gerechtigkeit. Soziale Rechte. Gutes Leben.“ fahren. – Yeah!! Und um mal mit einem Zitat meiner Betreuerin zu schließen – „So ein Praktikum soll ja auch beiden Seiten was bringen.“ Also: Nur Mut, wenn Ihr auf Dinge stoßt, die euch interessieren, bringt Euch ein und nehmt mit, was geht! Schließlich hat euer Praktikumsgeber mit euch ja wohl auch einen guten Fang gemacht ;)
In diesem Sinne wünsche ich allen Lesern Frohe und Gesegnete Ostern und werde mich gleich auf den Weg in die Heimat machen. Wir Christen beim EED haben ja heute nur einen halben Tag, damit wir uns auch seelisch-moralisch auf den Kreuzestod Jesu vorbereiten können… Amen.